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Hintergrundpapier der STIKO: Evaluation der bestehenden Influenzaimpfempfehlung für Indikationsgruppen und für Senioren (Standardimpfung ab 60 Jahren)

TL;DR: Durch Punktmutationen verursachte genetische Veränderungen werden als Antigendrift bezeichnet, wobei für Menschen nur die Influenza-Aund -B-Viren medizinisch relevant sind, dass Antikörper neuer pandemischer Influenzaviren führen können.
Abstract: Influenzaviren gehören zu den Orthomyxoviren und werden in die Typen A, B und C eingeteilt, wobei für Menschen nur die Influenza-Aund -B-Viren medizinisch relevant sind. Eine Einteilung in weitere Subtypen erfolgt bei den Influenza-B-Viren in zwei genetisch unterschiedliche Linien (die Victoriaund die Yamagata-Linie) und bei den InfluenzaA-Viren anhand der Oberflächenproteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA), von denen mittlerweile 18 HAund 11 NA-Typen identifiziert wurden [1]. In den vergangenen Jahrzehnten zirkulierten v. a. die Influenza-A-Viren H3N2 und H1N1 sowie Influenza-B-Viren der Victoriaund die Yamagata-Linie [2]. Die genaue (englische) Bezeichnung der Influenzaviren setzt sich zusammen aus dem Influenzatyp (A oder B), dem ursprünglichen Wirt des Subtypen (z. B. swine, chicken; bei humanem Ursprung wird diese Namenskomponente weggelassen), dem Ort der ersten Isolierung (z. B. California, Brisbane), einer Nummer des Isolats, dem Jahr der Isolation (z. B. 57 für 1957 oder 2009) und bei Influenza-A-Viren die Bezeichnung des HAund des NA-Typs (z. B. H1N1 oder H3N2) [3]. So wurde das während der Pandemie zirkulierende Virus mit der Bezeichnung A/California/7/2009 (H1N1) versehen. Häufig wird nur die Kurzbezeichnung der Influenzaviren angegeben, also Influenza B in Kombination mit der entsprechenden Linie (z. B. Influenza B/Yamagata) bzw. bei den AViren der entsprechende Subtyp (z. B. A/ H3N2). Eine Besonderheit der Influenzaviren ist ihre große genetische Variabilität. Durch ständig stattfindende Mutationen verändern sich die RNA-Viren kontinuierlich, wobei die Mutationsrate beim Influenza-A-Virus höher ist als beim Influenza-B-Virus [4]. Durch Punktmutationen verursachte genetische Veränderungen werden als Antigendrift bezeichnet. Größere, durch Reassortierung bedingte Veränderungen bezeichnet man als Antigenshift, die zur Entstehung neuer pandemischer Influenzaviren führen können. Grundlage der Reassortierung bei Influenza-A-Viren ist auch die Tatsache, dass Influenza-A-Viren viele extrahumane Wirte infizieren können. Bereits durch Antigendrifts kann sich das Influenzavirus derart verändern, dass Antikörper, die gegen frühere Varianten des Influenzasubtyps gebildet wurden, keinen oder nur einen partiellen Schutz gegen eine Infektion durch die veränderte Variante bieten [5]. Dadurch fehlt nach durchgemachter Infektion oder nach Impfung eine langanhaltende Immunität, was wiederum zum Auftreten jährlicher Influenzawellen führt. Bei einem Antigenshift können größere genetische Veränderungen durch Austausch von Gensegmenten (Reassortierung) zu einer InfluenzaCornelius Remschmidt · Thomas Harder · Ole Wichmann · Edeltraut Garbe · Thomas Ledig · Martin Terhardt · Sabine Wicker · Fred Zepp · Thomas Mertens 1 Fachgebiet Impfprävention, Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland 2 Klinische Epidemiologie, Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS GmbH, Bremen, Deutschland

Summary (1 min read)

Evaluation der bestehenden

  • Influenzaimpfempfehlung für Indikationsgruppen und für Senioren (Standardimpfung ab 60 Jahren) Zusatzmaterial online In der Online-Version dieses Artikels (doi:10.1007/s00103-016-2467-8) finden Sie den Anhang zum Hintergrundpapier der STIKO.
  • Schlussfolgerung 5 Ziel der Impfung gegen Influenza ist weiterhin die Reduktion von Influenzaerkrankungen in besonders gefährdeten Risikogruppen und die hieraus resultierenden Folgen wie Hospitalisierung und Tod. einer vorbestehenden Immunität erkrankt allerdings häufig ein großer Teil der Infizierten mit milderen Symptomen bzw.
  • Hierbei hat sich gezeigt, dass die Anwendung von Studien mit dem sog.
  • Studien mit dem TN-Design gelten als weniger anfällig für Verzerrungen als Studien, die indirekte Endpunkte wie ILI oder Hospitalisierungen verwenden [20].

Zusammenfassung der Evaluation

  • Die STIKO hat ihre bestehende Impfempfehlung für Indikationsgruppen und für Senioren retrospektiv evaluiert und dabei deutliche Unterschiede in der Qualität der Evidenz in den verschiedenen Personengruppen festgestellt.
  • Die Evidenzqualität – und somit das Vertrauen in die berechnete Impfeffektivität – fiel dabei höher aus, wenn in Studien laborbestätigte Endpunkte berichtet wurden.
  • Bei der Bewertung der gefundenen Evidenz muss bedacht werden, dass eine Berechnung der Impfeffektivität nur retrospektiv erfolgen kann und eine Prognose für zukünftige Influenzasaisons nicht möglich ist, weil die Effektivität stark vom jeweils kursierenden Virus abhängt.
  • Die STIKO ist sich bewusst, dass viele der identifizierten Studien nicht in Deutschland durchgeführt wurden und eine Übertragbarkeit der Daten auf die hiesige Situation je nach untersuchtem Parameter unter Umständen eingeschränkt sein könnte.
  • Zusätzlich muss die Forschung zur Entwicklung neuer, besserer und breiter wirksamer Impfstoffe vorangetrieben werden.

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Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 12 · 20161606
Tätigkeitsbericht
Bundesgesundheitsbl 2016 · 59:1606–1622
DOI 10.1007/s00103-016-2467-8
Online publiziert: 4. November 2016
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
Hintergrund
Influenzaviren
Inuenzaviren gehören zu den Ortho-
myxoviren und werden in die Typen A,
B und C eingeteilt, wobei für Menschen
nur die Inuenza-A- und -B-Viren me
-
dizinisch relevant sind. Eine Einteilung
in weitere Subtypen erfolgt bei den In
-
uenza-B-Viren in zwei genetisch unter-
schiedliche Linien (die Victoria- und die
Yamagata-Linie) und bei den Inuenza-
A-Viren anhand der Oberächenprotei
-
ne Hämagglutinin (HA) und Neurami-
nidase (NA), von denen mittlerweile 18
HA- und 11 NA-Typen identiziert wur
-
den [1]. In den vergangenen Jahrzehnten
zirkulierten v. a. die Inuenza-A-Viren
H3N2 und H1N1 sowie Inuenza-B-Vi
-
ren der Victoria- und die Yamagata-Linie
[2]. Die genaue (englische) Bezeichnung
der Influenzaviren setzt sich zusam
-
men aus dem Inuenzatyp (A oder B),
dem ursprünglichen Wirt des Subtypen
(z. B. swine, chicken; bei humanem Ur
-
sprung wird diese Namenskomponen-
te weggelassen), dem Ort der ersten Iso-
lierung (z. B. California, Brisbane), einer
Nummer des Isolats, dem Jahr der Iso
-
lation (z. B. 57 für 1957 oder 2009) und
bei Inuenza-A-Viren die Bezeichnung
des HA- und des NA-Typs (z. B. H1N1
oder H3N2) [3]. So wurde das während
der Pandemie zirkulierende Virus mit
der Bezeichnung A/California/7/2009
(H1N1) versehen. Häug wird nur die
Kurzbezeichnung der Inuenzaviren an
-
gegeben, also Inuenza B in Kombina-
tion mit der entsprechenden Linie (z. B.
Inuenza B/Yamagata) bzw. bei den A-
Viren der entsprechende Subtyp (z. B. A/
H3N2).
Eine Besonderheit der Inuenzavi-
ren ist ihre große genetische Variabilität.
Durch ständig stattndende Mutationen
verändern sich die RNA-Viren kontinu-
ierlich, wobei die Mutationsrate beim
Inuenza-A-Virus höher ist als beim In-
uenza-B-Virus [4]. Durch Punktmutati-
onen verursachte genetische Veränderun-
gen werden als Antigendri bezeichnet.
Größere, durch Reassortierung bedingte
Veränderungen bezeichnet man als An-
tigenshi, die zur Entstehung neuer pan-
demischer Inuenzaviren führen können.
Grundlage der Reassortierung bei Inu-
enza-A-Viren ist auch die Tatsache, dass
Influenza-A-Viren viele extrahumane
Wirte inzieren können.
Bereits durch Antigendris kann sich
das Inuenzavirus derart verändern, dass
Antikörper, die gegen frühere Varianten
des Inuenzasubtyps gebildet wurden,
keinen oder nur einen partiellen Schutz
gegen eine Infektion durch die veränder-
te Variante bieten [5]. Dadurch fehlt nach
durchgemachter Infektion oder nach Imp-
fung eine langanhaltende Immunität, was
wiederum zum Aureten jährlicher Inu-
enzawellen führt. Bei einem Antigenshi
können größere genetische Veränderun-
gen durch Austausch von Gensegmen-
ten (Reassortierung) zu einer Inuenza-
Cornelius Remschmidt
1
· Thomas Harder
1
· Ole Wichmann
1
· Edeltraut Garbe
2
·
Thomas Ledig
3
· Martin Terhardt
4
· Sabine Wicker
5
· Fred Zepp
6
· Thomas Mertens
7
1
Fachgebiet Impfprävention, Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland
2
Klinische Epidemiologie, Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS GmbH,
Bremen, Deutschland
3
Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg,
Deutschland
4
Medizinisches Versorgungszentrum am Hermannplatz, Berlin, Deutschland
5
Betriebsärztlicher Dienst, Universitätsklinikum Frankfurt, Frankfurt am Main, Deutschland
6
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland
7
Institut für Virologie, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland
Hintergrundpapier der STIKO:
Evaluation der bestehenden
Influenzaimpfempfehlung
für Indikationsgruppen
und für Senioren
(Standardimpfung ab 60Jahren)
Zusatzmaterial online
In der Online-Version dieses Artikels
(doi:10.1007/s00103-016-2467-8) finden
Sie den Anhang zum Hintergrundpapier
der STIKO.

Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 12 · 2016 1607
Zusammenfassung
Hintergrund und Fragestellung
Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die lange bestehende Influenzaimpfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Indika-
tionsgruppen und für Senioren entsprechend der neuen Standardvorgehensweise für die systematische Entwicklung von Impfempfehlungen
nachträglich zu evaluieren. Die Evidenz zur Effektivität und Sicherheit der saisonalen Influenzaimpfung wurde für die Indikationsgruppen und
Senioren systematisch untersucht und die Qualität der Evidenz entsprechend der GRADE („Grading of Recommendations Assessment, Development
and Evaluation“)-Methodik in vier Stufen – sehr niedrige, niedrige, moderate oder hohe Evidenzqualität – eingeteilt. Zusätzlich wurde mittels
orientierender Literatursuchen analysiert, inwieweit in den untersuchten Personengruppen bei Influenzainfektionen ein erhöhtes Risiko für schwere
Krankheitsverläufe besteht.
Die STIKO kommt auf der Grundlage dieser Daten zu folgender Bewertung:
Effektivität und Sicherheit der Influenzaimpfung in den Indikationsgruppen
5 Für die Gruppe der Schwangeren und deren Neugeborenen liegt Evidenz von hoher Qualität vor, dass die Impfung während der Schwangerschaft
vor laborbestätigten Influenzainfektionen schützt. In den analysierten Studienzeiträumen wurde sowohl bei den Schwangeren als auch bei den
Neugeborenen eine Impfeffektivität von 50 % gegen laborbestätigte Influenzainfektionen beobachtet.
5 Für die Indikationsgruppen der HIV-positiven Erwachsenen liegt Evidenz von moderater Qualität vor, dass die Impfung vor laborbestätigten
Influenzainfektionen schützt. Bei HIV-positiven Kleinkindern hingegen fand sich keine Evidenz für einen protektiven Effekt.
5 Für Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegt Evidenz von hoher Qualität vor, dass die Impfung vor schweren kardiovaskulären Ereignissen
schützt. Der größte Effekt wurde bei Personen mit einem erst kurz zurückliegenden koronarischämischen Ereignis beobachtet.
5 Für medizinisches Personal liegt Evidenz von niedriger bis moderater Qualität vor, dass die Impfung des medizinischen Personals bei den von
ihnen betreuten (älteren) Patienten Todesfälle mit einer Effektivität von 30 % und influenzaähnliche Erkrankungen mit einer Effektivität von 42 %
verhindern kann. Eine Wirksamkeit der Impfung gegen laborbestätigte Erkrankungen bei den betreuten Patienten konnte nur in Beobachtungs-
studien gezeigt werden, die Evidenzqualität war hier sehr niedrig.
5 Für Personen mit Diabetes mellitus bzw. mit terminaler Niereninsuffizienz liegt Evidenz von sehr niedriger bis niedriger Qualität vor, dass die
Impfung gegen unspezifische Endpunkte (z. B. Hospitalisierung) schützt. Die beobachtete Impfeffektivität lag je nach Endpunkt und Altersgruppe
zwischen 13 % und 58 %. Allerdings sind die Effektschätzer mit großer Unsicherheit behaftet, insbesondere, weil Studien mit laborbestätigten
Endpunkten fehlen.
5 Für Erwachsene mit Asthma bronchiale oder mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) konnten keine Studien zur Wirksamkeit der
Impfung identifiziert werden. Bei Kindern mit Asthma bronchiale liegt Evidenz von moderater Qualität vor, dass die Impfung keinen protektiven
Effekt gegen influenzabedingte Asthmaexazerbationen zeigt.
5 In keiner der untersuchten Indikationsgruppen wurden Hinweise auf eine Häufung von schweren unerwünschten Arzneimittelwirkungen nach
saisonaler Influenzaimpfung gefunden.
Effektivität und Sicherheit der Influenzaimpfung bei Senioren
5 Für Senioren in Pflegeinstitutionen liegt Evidenz von moderater, für selbstständig lebende („community dwelling“) Senioren Evidenz von hoher
Qualität vor, dass die Impfung vor laborbestätigten Influenzainfektionen schützt. Die in randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) gemessene
Impfeffektivität von 50 % konnte in Beobachtungsstudien mit niedrigem Verzerrungspotenzial bestätigt werden.
5 In der Literatur konnten auch hier keine Hinweise auf eine Häufung von schweren unerwünschten Arzneimittelwirkungen nach saisonaler
Influenzaimpfung gefunden werden.
Risiko für schwere Krankheitsverläufe in den Indikationsgruppen und bei Senioren bei Influenzainfektionen
5 In der Literatur zeigte sich, dass bei Personen mit einer Grunderkrankung im Sinne der STIKO-Indikationsgruppen, bei Schwangeren und bei
Senioren ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe besteht, z. B. gemessen als Hospitalisierung, Entwicklung einer Pneumonie oder
Einlieferung auf eine Intensivstation.
Schlussfolgerung
5 Ziel der Impfung gegen Influenza ist weiterhin die Reduktion von Influenzaerkrankungen in besonders gefährdeten Risikogruppen und die hieraus
resultierenden Folgen wie Hospitalisierung und Tod.
5 Angesichts der hohen Krankheitslast, die durch die jährlichen Influenzawellen verursacht wird, stellt die Influenzaimpfung auch bei vergleichs-
weise geringer Impfeffektivität unverändert eine sinnvolle Präventionsmaßnahme dar, da selbst bei einer moderaten Impfeffektivität viele
Influenzaerkrankungen verhindert werden können.
5 Auf Grundlage der vorliegenden Evidenz belässt die STIKO ihre Impfempfehlung für die genannten Indikationsgruppen und für Senioren, zumal
bei diesen ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe besteht. Die STIKO weist darauf hin, dass die evaluierten Indikationsgruppen
exemplarischen Charakter haben und keine abschließende Indikationsliste darstellen.
5 Angesichts der Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit der Impfung von Schwangeren und von medizinischem Personal sieht die STIKO eine hohe
Bedeutung der Impfung dieser Risikogruppen zum Schutz Dritter (Neugeborene, betreute Patienten).
5 Bei der Bewertung der gefundenen Evidenz muss bedacht werden, dass eine Berechnung der Impfeffektivität immer retrospektiv erfolgt und
eine Prognose für zukünftige Influenzasaisons nicht möglich ist, weil die Effektivität stark vom jeweils kursierenden Virus abhängt. Die STIKO ist
sich bewusst, dass viele der identifizierten Studien nicht in Deutschland durchgeführt wurden und eine Übertragbarkeit der Daten auf die hiesige
Situation je nach untersuchtem Parameter eingeschränkt sein könnte.
5 Die STIKO betont die Notwendigkeit der Durchführung weiterer Studien mit aussagekräftigem Studiendesign und laborbestätigten Endpunkten,
um die Qualität der Evidenz zur saisonalen Influenzaimpfung zu verbessern und bestehende Evidenzlücken zu schließen.
5 Die Forschung zur Entwicklung neuer, besserer und breiter wirksamer Impfstoffe muss vorangetrieben werden.

Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 12 · 20161608
Tätigkeitsbericht
variante führen, die in dieser Form bisher
nicht in der menschlichen Bevölkerung
zirkulierte (z. B. A(H2N2) im Jahr 1957)
bzw. deren neuer Subtyp sich erheblich
von den bisher zirkulierenden Subtypen
unterscheidet (z. B. das A(H1N1)pdm09
im Jahr 2009).
Klinik und Diagnostik der Influenza
Die inuenzatypische Erkrankung („in-
uenza-like illness, ILI) ist gekennzeich-
net durch plötzlichen Erkrankungsbeginn
mit hohem Fieber, trockenem Husten
und Hals-, Muskel- und/oder Glieder-
schmerzen [6]. In Abhängigkeit vom Vi-
rus bzw. einer vorbestehenden Immuni-
tät erkrankt allerdings häug ein großer
Teil der Inzierten mit milderen Sympto-
men bzw. weist einen asymptomatischen
Verlauf auf [7, 8]. Die Krankheitsdauer
liegt durchschnittlich bei 5 7 Tagen; al-
lerdings kann die Krankheit, insbesonde-
re beim Vorliegen von bestimmten Risiko-
faktoren, länger andauern. Bei schweren
Krankheitsverläufen stehen pulmonale
Komplikationen wie Pneumonien im Vor-
dergrund. Weitere mögliche Folgen einer
schweren Inuenzaerkrankung sind My-
ositiden oder eine kardiale bzw. zerebra-
le Symptomatik [6]. Bei Kindern zählt die
Otitis media zu den die häugsten Kom-
plikationen. Ein erhöhtes Risiko für Kom-
plikationen haben Personen mit chroni-
schen Vorerkrankungen und Kleinkinder
[9, 10].
Die Diagnose der Inuenza ist anhand
der klinischen Symptomatik (ILI) nicht si-
cher möglich [11]. Die Verlässlichkeit der
klinischen Diagnose nimmt jedoch wäh-
rend einer Inuenzawelle deutlich zu [12].
Mittels Virusisolierung bzw. durch den
Nachweis von Virus-RNA mittels rtPCR
(reverse Transkriptase-Polymerase-Ket-
tenreaktion) kann die Diagnose mit ho-
her Sicherheit gestellt werden [6], wobei
sich die PCR (Polymerase-Kettenreakti-
on) hier als labordiagnostischer Goldstan-
dard etabliert hat.
Epidemiologie und Krankheitslast
der Influenza
Inuenzaviren zirkulieren weltweit und
verursachen in den gemäßigten Zonen
der Erde jährlich Grippewellen, die auf
der Südhalbkugel während der Monate
April bis Juli und auf der nördlichen Halb-
kugel in den Wintermonaten aureten.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
schätzt, dass während der jährlichen In-
uenzawellen durchschnittlich 20–30 %
der Kinder und 5–10 % der Erwachsenen
von einer Inuenzavirusinfektion betrof-
fen sind und jährlich ca. 250.000–500.000
Personen an den Folgen einer Inuenza-
erkrankung sterben [13]. In Deutschland
verursachen die saisonalen Inuenzawel-
len jährlich schätzungsweise bis zu 7 Mio.
Arztkonsultationen und bis zu 32.000
Hospitalisationen [14, 15].
Saisonale Influenzaimpfstoffe
In Deutschland stehen für die saisonale
Inuenzaimpfung inaktivierte, lebend-
attenuierte und inaktivierte-adjuvantier-
te Impfstoe zur Verfügung [16, 17]. Die
Impfstoe enthalten antigene Bestand-
teile derjenigen Inuenzasubtypen, die
von der WHO im Rahmen der jährlichen
Impfstoanpassung empfohlen werden
(http://www.who.int/inuenza/vaccines/
virus/recommendations/en/). Bis zum
Jahr 2011 waren in den Impfstoen Anti-
gene von zwei Inuenza-A-Subtypen und
einer Inuenza-B-Linie enthalten (triva-
lenter Impfsto; „trivalent inuenza vac-
cine“ – TIV), seit 2012 sind auch Impfstof-
fe mit Antigenen von vier Inuenzaviren
(jeweils zwei Inuenza-A-Subtypen und
beide B-Linien) zugelassen (quadrivalen-
ter Impfsto, QIV).
Impfeffektivität saisonaler
Influenzaimpfstoffe
Die klinische Eektivität („vaccine eca-
cy“, VE) von Inuenzaimpfstoen wird
idealerweise in randomisierten kontrol-
lierten Studien (RCTs) gemessen. Da-
bei wird erfasst, wie häug eine Inuen-
zainfektion bei geimpen im Vergleich
zu nichtgeimpen Personen auritt. Aus
dem Quotient dieser Raten, dem relativen
Risiko (RR), erfolgt nach der Formel 1 –
RR die Berechnung der Impfeektivität,
die Angabe erfolgt in Prozent [18]. Da die
Durchführung von RCTs personal- und
kostenintensiv ist, erfolgt die Bestimmung
der Inuenzaimpfeektivität zunehmend
in Beobachtungsstudien. Hierbei hat sich
gezeigt, dass die Anwendung von Studien
mit dem sog. Test-negativen Design (TN-
Design) eine valide Alternative zu RCTs
darstellt [19]. In Studien mit dem TN-
Design wird bei Personen, die sich mit
einer akuten Atemwegsinfektion medizi-
nisch vorstellen, eine Probe aus dem Re-
spirationstrakt auf Inuenzaviren unter-
sucht. Personen mit Inuenzanachweis
werden hierbei als „Fälle“, Personen ohne
Nachweise des Inuenzavirus (negatives
PCR-Ergebnis) als „Kontrollen“ bezeich-
net. Studien mit dem TN-Design gelten
als weniger anfällig für Verzerrungen als
Studien, die indirekte (nichtlaborbestätig-
te) Endpunkte wie ILI oder Hospitalisie-
rungen verwenden [20].
Bei der Beurteilung der VE ist generell
zu berücksichtigen, dass aufgrund star-
ker saisonaler Schwankungen eine Prog-
nose der VE für zukünige Saisons nicht
möglich ist. Diese Schwankungen werden
durch eine Vielzahl von häug nicht vor-
hersehbaren Faktoren beeinusst. Hier-
zu gehört beispielsweise die hohe Varia-
bilität der Inuenzaviren, die sich durch
fortlaufende Veränderungen genetisch
vom Impfvirus entfernen, wodurch sich
die Impfeektivität verringern kann. Aber
auch das Alter des Impings, frühere In-
uenzainfektionen oder -impfungen und
auch die Art des verwendeten Impfstos
können die Eektivität der Impfung be-
einussen [2123]. Und letztlich kann
sich die Impfeektivität gegenüber den
verschiedenen Inuenzatypen und -sub-
typen deutlich unterscheiden.
Influenzaimpfempfehlung
der STIKO
Die STIKO empehlt die jährliche Imp-
fung gegen die saisonale Inuenza für alle
Personen ab einem Alter von 60 Jahren,
für Personen jeden Alters mit erhöhter ge
-
sundheitlicher Gefährdung infolge eines
Grundleidens (wie z. B. chronische Krank
-
heiten der Atmungsorgane, Herz- oder
Kreislaurankheiten, Leber- oder Nieren
-
krankheiten, Diabetes mellitus oder an-
dere Stowechselkrankheiten, chronische
neurologische Grundkrankheiten, wie z. B.
Multiple Sklerose mit durch Infektionen
getriggerten Schüben, angeborene oder er
-
worbene Immundezienz oder HIV-Infek-
tion) sowie für Bewohner von Alters- oder

Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 12 · 2016 1609
Pegeheimen. Zusätzlich wird die Impfung
gesunden Schwangeren ab dem 2. Trime
-
non und Schwangeren bei erhöhter gesund-
heitlicher Gefährdung infolge eines Grund-
leidens ab dem 1. Trimenon empfohlen.
Außerdem sollten Personen mit erhöhter
beruicher Gefährdung (z. B. medizini
-
sches Personal) und Personen, die als mög-
liche Infektionsquelle für von ihnen betreu-
te Risikopersonen fungieren können, gegen
saisonale Inuenza geimp werden [24].
Ziel des Hintergrundpapiers
Der Nutzen der saisonalen Inuenzaimp-
fung wird – insbesondere im höheren Le-
bensalter oder bei einzelnen Risikogrup-
pen – häug infrage gestellt. Die STIKO
hat daher die bestehende Inuenzaimpf-
empfehlung unter Anwendung der neuen
Standardvorgehensweise (SOP) [25] einer
Evaluation unterzogen.
Folgende Ziele wurden hierbei verfolgt:
1. Evaluation der Evidenz zur Eektivi-
tät und Sicherheit der Inuenzaimp-
fung in verschiedenen Indikations-
gruppen und bei Senioren ab einem
Alter von 60Jahren.
2. Erhebung von Daten zum Risiko
schwerer Krankheitsverläufe bei In-
uenzaerkrankungen in den verschie-
denen Indikationsgruppen und bei
Senioren.
Anhand der erhobenen Daten sollte über-
prü werden, ob eine Anpassung der In-
dikationsimpfempfehlung bzw. der Senio-
renimpfempfehlung notwendig ist.
Methodik
Generelles Vorgehen
Für die Evaluation der Wirksamkeit und
Sicherheit der Inuenzaimpfung wurde
neben der Gruppe der Senioren (ab 60Jah
-
ren) die Evidenz für die folgenden Indika-
tionsgruppen systematisch bewertet:
5 HIV-inzierte Personen,
5 Personen mit chronischen Krankhei-
ten der Atmungsorgane (z. B. Asthma),
5 Personen mit chronischen Herz-
Kreislauf-Erkrankungen (z. B. korona-
re Herzkrankheit),
5 Personen mit Diabetes mellitus,
5 Personen mit Nierenerkrankungen
(z. B. Personen mit terminaler Nieren-
insuzienz),
5 medizinisches Personal,
5 Schwangere und deren Kinder.
Bei der Identikation entsprechender Stu-
dien wurde zweistug vorgegangen. Zu-
nächst wurde, soweit vorhanden, auf be-
reits publizierte systematische Reviews
von hoher methodischer Qualität zurück
-
gegrien. Die methodische Qualität der
systematischen Reviews wurde dabei mit
dem „Assessment of multiple systematic
reviews“(AMSTAR)-Instrument [26] be
-
wertet, wobei maximal 11Punkte erreicht
werden können (AMSTAR-Score). Bei
Vorliegen von mehreren systematischen
Reviews zu einer Personengruppe wurde
neben der methodischen Qualität nach
AMSTAR auch die Aktualität des Reviews,
d. h. bei gleicher methodischer Qualität
der aktuellste Review, berücksichtigt.
Wenn keine methodisch hochwertigen
systematischen Reviews identiziert wer-
den konnten, wurden systematische Re-
views von den Autoren durchgeführt. Bei
der Durchführung von systematischen
Reviews wurde den PRISMA-Guidelines
[27] gefolgt.
Bezüglich der Krankheitsschwere wur-
de mittels orientierender Literaturrecher-
che evaluiert, ob in den Personengruppen
ein erhöhtes Risiko für schwere Inuen-
zaerkrankungen besteht. Bei der Evaluati-
on wurden auch Studien über die Pande-
mie 2009 berücksichtigt, da das A(H1N1)
pdm09-Virus seither saisonal aureten-
de Influenzaerkrankungen verursacht
und entsprechend im saisonalen Inuen-
zaimpfsto berücksichtigt wird.
Definition patientenrelevanter
Endpunkte
Für alle Indikationsgruppen bzw. für die
Gruppe der Senioren wurden von der
STIKO – entsprechend der GRADE-Me-
thodik – apriori patientenrelevante End-
punkte zur Wirksamkeit und Sicherheit
als „kritisch, „wichtig“ oder „weniger
wichtig“ für die Entscheidungsndung
deniert. Alle von der STIKO als „kri-
tisch“ oder „wichtig“ denierten End-
punkte gingen in die Bewertung der Evi-
denzqualität mit ein (s.unten „Bewertung
der Qualität der Evidenz“). Wenn in der
Literatur keine Daten zu diesen Endpunk-
ten identiziert werden konnten, wurden
die in den Studien berichteten Endpunkte
analysiert und bewertet.
Einschlusskriterien, Literatursuche
und Datenextraktion
Vor Beginn der Literatursuche wurden die
Ein- und Ausschlusskriterien für die je-
weilige Personengruppe entsprechend den
PICO-Kriterien („Population, Interventi-
on, Comparison, Outcome“) deniert.
Zwei Autoren führten die Literatursuche
unabhängig voneinander in verschiede-
nen Datenbanken durch und beurteil-
ten die Relevanz von Titeln, Zusammen-
fassungen und Volltexten. Bei der Suche
nach systematischen Reviews wurde in
den Datenbanken MEDLINE, EMBASE
und Cochrane Database of Systematic Re-
views gesucht, bei der Durchführung eige-
ner systematischer Reviews erfolgt die Su-
che in MEDLINE, EMBASE, im Cochrane
Central Register of Controlled Trials und
ggf. in weiteren Datenbanken (z. B. clini-
caltrials.gov). Der Einschluss von Litera-
tur erfolgte unabhängig von Sprache und
Publikationsstatus, sog. graue Literatur
(z. B. Kongressabstracts, Dissertationen)
wurden ebenfalls berücksichtigt.
Sowohl bei identizierten Reviews als
auch bei eigenen systematischen Reviews
erfolgte die Sichtung, Extraktion und Be-
wertung relevanter Daten aus den Origi-
nalstudien. Die Datenextraktion erfolgte
durch zwei der Autoren unabhängig von-
einander auf entsprechende Datenextrak-
tionsformulare.
Bewertung des möglichen Verzer-
rungspotenzials eingeschlossener
Studien
Zwei Autoren beurteilten unabhängig
voneinander das mögliche Verzerrungs-
potenzial („risk of bias“) der individuel-
len Studien. Für RCTs wurde das „Risk
of bias“-Instrument der Cochrane-Col-
laboration [28] und für Beobachtungs-
studien die Newcastle-Ottawa-Skala
bzw. das CASP („Critical Appraisal Skills
Programme“)-Instrument [29] verwen-
det. Die Beurteilung des Verzerrungspo-
tenzials jeder einzelnen Studie bzw. jedes

Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 12 · 20161610
Tätigkeitsbericht
einzelnen Endpunkts erfolgte als „hoch,
„niedrig“ oder „unklar“.
Bewertung der Qualität der Evidenz
Entsprechend der SOP der STIKO erfolg-
te die Bewertung der Qualität der Evidenz
mit der GRADE-Methodik [30, 31]. Bei
der Bewertung der patientenrelevanten
Endpunkte in den verschiedenen Indika-
tionsgruppen wurden alle von der STIKO
als „kritisch“ oder „wichtig“ denierten
Endpunkte für die Entscheidungsndung
beurteilt. Entsprechend den Vorschlägen
der GRADE-Working Group wurden in
erster Linie RCTs bewertet. Nur wenn die-
se nicht zur Verfügung standen oder mit
einem hohen Verzerrungspotenzial behaf-
tet waren, erfolgte eine Bewertung von Be-
obachtungsstudien.
Statistische Analyse
Soweit unter methodischen und inhaltli-
chen Aspekten möglich, wurden die Da-
ten der jeweiligen Personengruppe in ei-
ner Metaanalyse zusammengefasst. War
dies nicht möglich, erfolgte die Ergebnis
-
darstellung deskriptiv. Die statistischen
Analysen erfolgten mit dem Review Ma
-
nager (RevMan 5.2, Cochrane Collaborati-
on, Kopenhagen, Dänemark), die Darstel-
lung der GRADE-Evidenztabellen mit der
GRADEpro Soware [32].
Ergebnisse
Risiko für schwere Krankheitsver-
läufe in den Indikationsgruppen
und bei Senioren bei Influenza-
infektionen
Es wurden zwei systematischen Reviews
[10, 33] sowie Daten einer Studie aus
Deutschland [34] zur Beurteilung der
Krankheitslast herangezogen.
Der systematische Review von Mertz
et al. [10] untersuchte das Risiko für schwe
-
re Krankheitsverläufe in einer Vielzahl von
Personengruppen, die an saisonaler oder
pandemischer (2009) Inuenza erkrankt
waren. In dem Review wurden insgesamt
234 Beobachtungsstudien (97 % Kohorten
-
studien) mit über 600.000 Personen einge-
schlossen. Die Mehrzahl der Studien wurde
während der Pandemie 2009/10 durchge
-
führt (n = 175). Laborbestätigte Endpunkte
wurden in 95 % der während der Pandemie
und in 84 % der außerhalb der Pandemie
durchgeführten Studien erhoben. Als re
-
levante Endpunkte beschrieben wurden:
ambulant erworbene Pneumonie, Mortali
-
tät jeglicher Ursache, Hospitalisierung jeg-
licher Ursache, Einlieferung auf eine Inten-
sivstation (ICU) sowie Beatmungspicht.
Bezüglich saisonaler Inuenzaerkran-
kungen zeigte sich bei Vorliegen eines Ri-
sikofaktors bzw. einer Komorbidität („any
risk factor/any comorbidity“) eine erhöhtes
Risiko für Pneumonie (Odds ratio [OR]:
1,5, 95 % Kondenzintervall [95 % KI]:
1,0 2,2), Hospitalisierung (OR: 3,4, 95 %
KI: 2,6 4,4), Einlieferung auf eine Inten
-
sivstation (ICU; OR: 1,7, 95 % KI: 1,3 2,3)
oder Mortalität (OR: 2,0, 95 % KI: 1,7 2,4).
Eine nach Risikogruppen stratizier-
te Darstellung der Daten aus dem Review
von Mertz et al. [10] war aufgrund der
Studienlage nur eingeschränkt möglich:
5 Bei HIV-positiven Personen unter-
suchte nur eine der in dem Review
eingeschlossenen Studien eine mögli-
che Assoziation zwischen einer saiso-
nalen Inuenzainfektion und Morta-
lität jeglicher Ursache. Ein statistisch
signikanter Eekt konnte, bei klei-
nen Fallzahlen, nicht gezeigt werden
(OR: 3,9, 95 % KI: 0,52–29,0).
5 In 2 Studien konnte Diabetes melli-
tus als Risikofaktor für eine Hospitali-
sierung (OR: 9,1, 95 % KI: 5,5 18,0),
nicht jedoch für Pneumonien (OR
0,91, 95 % KI: 0,26–3,24) oder für
Mortalität jeglicher Ursache (0,59,
95 % KI: 0,23–1,5) identiziert werden.
5 Bei Personen mit Asthma zeigte 1
Studie eine statistisch signikante As-
soziation zwischen einer Inuenza-
infektion und Pneumonie (OR: 1,5,
95 % KI: 1,1 1,6). Für ICU-Einwei-
sungen (OR: 1,4, 95 % KI: 0,3 6,8)
oder Mortalität jeglicher Ursache
(OR: 0,89, 95 % KI: 0,1–7,7) fanden
sich keine erhöhten Risiken.
5 Bei Personen mit kardiovaskulären
Erkrankungen war die Datenlage mit
bis zu 8 Studien pro Endpunkt um-
fangreicher. Demnach stellten bei ei-
ner Inuenzainfektion kardiovasku-
läre Erkrankungen einen Risikofaktor
für Pneumonien (OR: 1,6, 95 % KI:
1,1–2,3), Beatmungspicht (OR: 3,3,
95 % KI: 1–10,6) und Mortalität (OR:
2,0, 95 % KI: 1,1–3,7), nicht jedoch für
ICU-Einweisungen dar.
5 Bei Schwangeren konnte in 2 Studien
kein statistisch signikanter Zusam
-
menhang zwischen einer saisonalen
Inuenzainfektion und Mortalität jegli
-
cher Ursache identiziert werden (OR:
1,1, 95 % KI: 0,8–1,5). Daten zu anderen
Endpunkten wurden nicht berichtet.
5 Senioren mit einer Inuenzainfektion
hatten im Vergleich zu jüngeren Er-
wachsene ein erhöhtes Risiko für eine
Hospitalisierung (OR: 4,7, 95 % KI:
1,7–12,4) und ein erhöhtes Risiko zu
versterben (OR: 3, 95 % KI: 1,5–5,7).
Bezüglich pandemischer Inuenza wurden
in dem Review von Mertz et al. [10] deut-
lich mehr Studien identiziert und einge-
schlossen. Hier fand sich bei Vorliegen ei-
nes Risikofaktors bzw. einer Komorbidität
(„any risk factor/any comorbidity“) in bis
zu 53 Studien pro Endpunkt eine Assozi-
ation mit Hospitalisierung (OR: 2,7, 95 %
KI: 1,9–4,0), Einlieferung auf eine ICU
(OR: 1,9, 95 % KI: 1,6–2,4) und Tod jegli-
cher Ursache (OR: 2,0, 95 % KI: 1,7–2,4).
Kein Zusammenhang konnte für die
Endpunkte Pneumonie oder Beatmungs-
picht beobachtet werden.
Eine nach Risikogruppen stratizierte
Analyse zeigte folgende Ergebnisse:
5 Bei HIV-positiven Personen wurden
keine statistisch signikanten Eekte
bezüglich der erhobenen Endpunk
-
te identiziert. Eine (nicht näher de-
nierte) „Immunsuppression“ war
hingegen ein Risikofaktor für Hospi
-
talisierung (OR: 4,6, 95 % KI: 2,4–8,8)
und Mortalität (OR: 3,7, 95 % KI: 1,8–
7,6), nicht jedoch für die Einlieferung
auf eine ICU oder für eine Pneumonie.
5 Personen mit Diabetes mellitus und
einer pandemischen Inuenzainfek-
tion wurden im Vergleich zu Perso-
nen ohne Grunderkrankung mit einer
höheren Wahrscheinlichkeit hospi-
talisiert (OR: 4,3, 95 % KI: 3,1–5,8).
Ebenso erhöht waren die ORs für eine
ICU-Einlieferung (OR: 1,6, 95 % KI:
1,3–1,9) und Mortalität (OR: 2,2, 95 %
KI: 1,4–3,6), nicht jedoch für Pneu-
monien (OR: 0,56, 95 % KI: 0,1–2,6).
5 Bei Personen mit Asthma fand sich
kein erhöhtes Risiko für die in dem

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13 Dec 2017
TL;DR: Although the European Commission has been calling for a vaccination rate of at least 75% among the elderly from the 2014/2015 influenza season onwards, it is unclear to what extent this rate can actually be achieved.
Abstract: Seasonal influenza (flu) is an acute viral disease that occurs every winter in Germany and is referred to as the ‘flu wave’. The Standing Committee on Vaccination (STIKO) at the Robert Koch Institute recommends annual vaccination for people who are at greater risk of disease-related complications, this includes men and women aged 60 or above. In this target group, 48.1% of women and 48.7% of men who participated in the GEDA 2014/2015-EHIS study reported that they had been vaccinated against influenza during the 2013/2014 winter season. However, there were marked differences according to region. Vaccination rates decreased over time. Moreover, although the European Commission has been calling for a vaccination rate of at least 75% among the elderly from the 2014/2015 influenza season onwards, it is unclear to what extent this rate can actually be achieved. However, rates can be improved by doctors providing advice and recommending vaccination to their patients. SEASONAL INFLUENZA · VACCINATION · THE WINTER SEASON OF 2013/2014 · HEALTH MONITORING · GERMANY Introduction Seasonal influenza (flu) is an acute viral disease that affects the population of the northern hemisphere almost every winter. It occurs as a cluster that lasts for a number of weeks and is referred to as a ‘flu wave’. Influenza is typically characterised by the sudden onset of illness with a high fever, dry cough and pain in the muscles, neck and/or limbs [1]. Depending on the particular virus strain and a person’s level of immunity, a large proportion of people with an infection may only suffer mild symptoms and in many cases the disease may even occur without any recognisable symptoms [2]. On average, an influenza infection lasts between five and seven days, but it can persist for longer, especially when combined with certain risk factors. Severe cases frequently result in lung complications such as pulmonary infections [1, 3]. It is important to differentiate between colds, which are often referred to as ‘influenza-like illnesses’, and seasonal influenza. Colds result in much milder symptoms than influenza and are caused by different pathogens. Whereas influenza is triggered by influenza viruses, colds are caused by more than 30 different pathogens, including RSV, rhinovirus and coronaviruses. In contrast, seasonal influenza results from viruses such as Influenza A(H3N2), Influenza A(H1N1)pdm09 and Influenza B. Importantly, different virus strains are predominant in different years and the strength of each flu wave can vary considerably. According to calculations by the Robert Koch Institute’s Influenza Working Group (AGI), between one and five million influenza-related visits are made to Journal of Health Monitoring · 2017 2(4) DOI 10.17886/RKI-GBE-2017-124 Robert Koch Institute, Berlin Authors: Christina Poethko-Müller, Birte Bödeker Journal of Health Monitoring Journal of Health Monitoring 2017 2(4) The uptake of influenza vaccination for the 2013/2014 season in Germany

1 citations


Cites background from "Hintergrundpapier der STIKO: Evalua..."

  • ...Severe cases frequently result in lung complications such as pulmonary infections [1, 3]....

    [...]

Journal ArticleDOI
TL;DR: In this article , a längsschnittliche retrospektive beobachtungsstudie with Routinedaten of ≥ 60-jährigen Versicherten der Thüringer AOK Plus was conducted.
Abstract: Zusammenfassung Hintergrund Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine jährliche Influenzaimpfung als Standardimpfung für ≥ 60-Jährige und als altersunabhängige Indikationsimpfung. Empirische Daten zur wiederholten Impfung liegen für Deutschland nicht vor. Ziel der Studie war es daher, Häufigkeit und Einflussfaktoren der wiederholten Impfung zu untersuchen. Methoden Wir führten eine längsschnittliche retrospektive Beobachtungsstudie mit Routinedaten von ≥ 60‑jährigen Versicherten der Thüringer AOK Plus im Zeitraum 2012–2018 durch. Die Anzahl der Saisons mit Impfung wurde beschrieben und der Zusammenhang mit verschiedenen Versichertenmerkmalen in einem Regressionsmodell analysiert. Ergebnisse Es wurden 103.163 Versicherte mit mindestens einer Impfung in der Saison 2014/2015 eingeschlossen, von denen 75,3 % in ≥ 6 von 7 Saisons geimpft wurden. Häufigere Impfungen zeigten sich bei Pflegeheimbewohner:innen (Rate Ratio (RR) 1,27), Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grunderkrankung (RR 1,21) und höheren Altersgruppen (vs. 60- bis 69-Jährige: RR 1,17–1,25). Mit jedem zusätzlichen Jahr der Teilnahme an einem Disease-Management-Programm stieg die Anzahl der Impfungen (RR 1,03). Weniger häufig geimpft waren Frauen (RR 0,91), Versicherte mit Pflegestufe 1 (vs. keiner Pflegestufe: RR 0,90) und Versicherte mit einer Komorbidität (vs. keiner Komorbidität: RR 0,97). Diskussion Ein Großteil der einmal gegen Influenza geimpften ≥ 60-Jährigen lässt sich auch wiederholt impfen. Entsprechend den Empfehlungen sind vor allem Pflegeheimbewohner:innen und Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung wiederholt geimpft. Hausärzt:innen kommt eine zentrale Rolle zu: Nichtakute Patientenkontakte sollten für Impfangebote genutzt werden, insbesondere bei Frauen und in der Häuslichkeit lebenden Pflegebedürftigen.
Journal ArticleDOI
TL;DR: In this paper, Ishigami et al. identify 110.968 Versicherte desGeisingerHealth System identifiziert, die über 65 Jahre alt waren and bei denen ein elektiv bestimmter Kreatinwert vorlag.
Abstract: Methoden. In der Kohortenstudie von Ishigami J et al. wurden 110.968 Versicherte desGeisingerHealth System identifiziert, die über 65 Jahre alt waren und bei denen ein elektiv bestimmter Kreatininwert vorlag. Primärer Endpunkt war in Abhängigkeit vom Impfstatus die Inzidenz der Influenza-A/B-bedingten Hospitalisierung während einer der Influenza-Saisons2005/06–2014/15. Stratifiziert wurde nach der Nierenfunktion in 3 Kategorien (eGFR [geschätzte glomeruläre Filtrationsrate] ≥60, 30–59 und <30ml/min/1,73m2). Mittels inverser Wahrscheinlichkeitsgewichtung wurde für systematische Differenzen (Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Komorbiditäten und Anzahl der ambulanten/stationären Aufnahmen) in der geimpften und nichtgeimpften Gruppe adjustiert. Die Odds Ratio (OR) für eine influenzabedingte Hospitalisierung wurde mittels gepoolter Regessionsanalyse berechnet. Schließlich wurde die NNV („number needed to vaccinate“), also die Anzahl der Patienten, die geimpft werden müssen, um eine Hospitalisierung aufgrund einer Influenzaerkrankung zu verhindern, mittels einer Monte-CarloSimulation ermittelt.
Journal ArticleDOI
TL;DR: In this paper , a längsschnittliche retrospektive beobachtungsstudie with Routinedaten of ≥ 60-jährigen Versicherten der Thüringer AOK Plus was conducted.
Abstract: Zusammenfassung Hintergrund Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine jährliche Influenzaimpfung als Standardimpfung für ≥ 60-Jährige und als altersunabhängige Indikationsimpfung. Empirische Daten zur wiederholten Impfung liegen für Deutschland nicht vor. Ziel der Studie war es daher, Häufigkeit und Einflussfaktoren der wiederholten Impfung zu untersuchen. Methoden Wir führten eine längsschnittliche retrospektive Beobachtungsstudie mit Routinedaten von ≥ 60‑jährigen Versicherten der Thüringer AOK Plus im Zeitraum 2012–2018 durch. Die Anzahl der Saisons mit Impfung wurde beschrieben und der Zusammenhang mit verschiedenen Versichertenmerkmalen in einem Regressionsmodell analysiert. Ergebnisse Es wurden 103.163 Versicherte mit mindestens einer Impfung in der Saison 2014/2015 eingeschlossen, von denen 75,3 % in ≥ 6 von 7 Saisons geimpft wurden. Häufigere Impfungen zeigten sich bei Pflegeheimbewohner:innen (Rate Ratio (RR) 1,27), Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grunderkrankung (RR 1,21) und höheren Altersgruppen (vs. 60- bis 69-Jährige: RR 1,17–1,25). Mit jedem zusätzlichen Jahr der Teilnahme an einem Disease-Management-Programm stieg die Anzahl der Impfungen (RR 1,03). Weniger häufig geimpft waren Frauen (RR 0,91), Versicherte mit Pflegestufe 1 (vs. keiner Pflegestufe: RR 0,90) und Versicherte mit einer Komorbidität (vs. keiner Komorbidität: RR 0,97). Diskussion Ein Großteil der einmal gegen Influenza geimpften ≥ 60-Jährigen lässt sich auch wiederholt impfen. Entsprechend den Empfehlungen sind vor allem Pflegeheimbewohner:innen und Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung wiederholt geimpft. Hausärzt:innen kommt eine zentrale Rolle zu: Nichtakute Patientenkontakte sollten für Impfangebote genutzt werden, insbesondere bei Frauen und in der Häuslichkeit lebenden Pflegebedürftigen.
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Journal Article
TL;DR: The QUOROM Statement (QUality Of Reporting Of Meta-analyses) as mentioned in this paper was developed to address the suboptimal reporting of systematic reviews and meta-analysis of randomized controlled trials.
Abstract: Systematic reviews and meta-analyses have become increasingly important in health care. Clinicians read them to keep up to date with their field,1,2 and they are often used as a starting point for developing clinical practice guidelines. Granting agencies may require a systematic review to ensure there is justification for further research,3 and some health care journals are moving in this direction.4 As with all research, the value of a systematic review depends on what was done, what was found, and the clarity of reporting. As with other publications, the reporting quality of systematic reviews varies, limiting readers' ability to assess the strengths and weaknesses of those reviews. Several early studies evaluated the quality of review reports. In 1987, Mulrow examined 50 review articles published in 4 leading medical journals in 1985 and 1986 and found that none met all 8 explicit scientific criteria, such as a quality assessment of included studies.5 In 1987, Sacks and colleagues6 evaluated the adequacy of reporting of 83 meta-analyses on 23 characteristics in 6 domains. Reporting was generally poor; between 1 and 14 characteristics were adequately reported (mean = 7.7; standard deviation = 2.7). A 1996 update of this study found little improvement.7 In 1996, to address the suboptimal reporting of meta-analyses, an international group developed a guidance called the QUOROM Statement (QUality Of Reporting Of Meta-analyses), which focused on the reporting of meta-analyses of randomized controlled trials.8 In this article, we summarize a revision of these guidelines, renamed PRISMA (Preferred Reporting Items for Systematic reviews and Meta-Analyses), which have been updated to address several conceptual and practical advances in the science of systematic reviews (Box 1). Box 1 Conceptual issues in the evolution from QUOROM to PRISMA

46,935 citations

Journal ArticleDOI
TL;DR: PRISMA (Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses) is introduced, an update of the QUOROM guidelines for reporting systematic reviews and meta-analyses.
Abstract: Moher and colleagues introduce PRISMA (Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses), an update of the QUOROM guidelines for reporting systematic reviews and meta-analyses. Us...

23,203 citations

Book
01 Mar 1989
TL;DR: This updated and expanded edition now offers 297 chapters that cover the basic principles of diagnosis and management, major clinical syndromes, all important pathogenic microbes and the diseases they cause, plus a number of specialised topics useful to the practitioner.
Abstract: This updated and expanded edition now offers 297 chapters that cover the basic principles of diagnosis and management, major clinical syndromes, all important pathogenic microbes and the diseases they cause, plus a number of specialised topics useful to the practitioner. It contains 24 totally-new chapters, offers a whole section on AIDS with seven chapters and a chapter "Microsporidium Disease", which deals with a new disease just discovered because of AIDS. The text is designed for clinical pathologists, microbiologists, virologists, medical scientists, mycologists, allergists, general practitioners and lecturers of medicine.

13,514 citations

Journal ArticleDOI
24 Apr 2008-BMJ
TL;DR: The advantages of the GRADE system are explored, which is increasingly being adopted by organisations worldwide and which is often praised for its high level of consistency.
Abstract: Guidelines are inconsistent in how they rate the quality of evidence and the strength of recommendations. This article explores the advantages of the GRADE system, which is increasingly being adopted by organisations worldwide

13,324 citations


"Hintergrundpapier der STIKO: Evalua..." refers background in this paper

  • ...Entsprechend der SOP der STIKO erfolgte die Bewertung der Qualität der Evidenz mit der GRADE-Methodik [30, 31]....

    [...]

  • ...Definition patientenrelevanter Endpunkte Für alle Indikationsgruppen bzw. für die Gruppe der Senioren wurden von der STIKO – entsprechend der GRADE-Methodik – a priori patientenrelevante Endpunkte zur Wirksamkeit und Sicherheit als „kritisch“, „wichtig“ oder „weniger wichtig“ für die Entscheidungsfindung definiert....

    [...]

  • ...Bewertung der Qualität der Evidenz Entsprechend der SOP der STIKO erfolgte die Bewertung der Qualität der Evidenz mit der GRADE-Methodik [30, 31]....

    [...]

01 Jan 2013

9,769 citations


"Hintergrundpapier der STIKO: Evalua..." refers background in this paper

  • ...Für RCTs wurde das „Risk of bias“-Instrument der Cochrane-Collaboration [28] und für Beobachtungsstudien die Newcastle-Ottawa-Skala bzw....

    [...]

  • ...Für RCTs wurde das „Risk of bias“-Instrument der Cochrane-Collaboration [28] und für Beobachtungsstudien die Newcastle-Ottawa-Skala bzw. das CASP („Critical Appraisal Skills Programme“)-Instrument [29] verwendet....

    [...]

Frequently Asked Questions (1)
Q1. What are the contributions in this paper?

In den vergangenen Jahrzehnten zirkulierende Influenzavirus with der Bezeichnung A/California/7/2009 ( H1N1 ) versehen this paper.